Integrationschance Arbeitsmarkt: „Wir müssen die Kompetenzen bündeln!“

Die Zahlen sind eindeutig. „39.000 Mönchengladbacher erhalten Leistungen vom Jobcenter. Darunter 27.000, die zu den erwerbsfähigen Hilfeberechtigten gehören. Gerade bei der verfestigten Arbeitslosigkeit, also den langzeitarbeitslosen Menschen, gibt es kaum Bewegung. Über 60 Prozent haben keine Berufsausbildung und 40 Prozent erreichen nicht den Hauptschulabschluss der Klasse 10“, berichtet der Geschäftsführer des Jobcenters Klaus Müller.

Auf Einladung der SPD-Fraktion diskutierte Müller gemeinsam mit der Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Angela Schoofs, dem Vorstandsvorsitzenden von mags AöR Hans-Jürgen Schnaß, dem Geschäftsführer von Effertz Tore Dr. Claus Schwenzer und der Bundestagsabgeordneten Gülistan Yüksel über den Arbeitsmarkt als Integrationschance.

„In meinem Betrieb geben wir auch Jugendlichen eine Ausbildungschance, die einen Unterstützungsbedarf haben, weil wir heute schon einen deutlichen Fachkräftemangel verspüren. Außerdem empfinde ich es als soziale Verpflichtung, auch den jungen Menschen eine Chance zu geben, die in schwierigen Familien aufgewachsen sind“, so Dr. Claus Schwenzer. „Was ich mir wünschen würde“, so Dr Schwenzer weiter, „ist, dass es für uns Unternehmer leichter wäre, Ansprechpartner und Hilfe zu finden. Für einen Asylbewerber, der bei uns arbeitet, haben wir zusätzliche Nachhilfe organisiert, weil die Kurse einfach zu groß sind. Teilweise haben wir also den doppelten Aufwand im Vergleich zu einem ‚normalen’ Auszubildenden. Dabei spielen Kosten nur eine untergeordnete Rolle. Da muss der ganze Betrieb mit anpacken.“

Angela Schoofs sagt dazu: „Arbeitsagentur und Jobcenter arbeiten schon sehr gut zusammen, um Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das Jugendjobcenter, der Integration Point und der gemeinsame Arbeitgeberservice kümmern sich sehr intensiv. Darüber hinaus wollen wir neue Wege gehen, um gerade Jugendliche ganzheitlich unterstützen zu können. Häufig liegen die Probleme nämlich nicht nur in der Qualifikation, sondern gerade bei den Soft Skills und dem familiären Umfeld. Mit unserer Assistierten Ausbildung haben wir die Möglichkeit, den künftigen Auszubildenden und dem Ausbildungsbetrieb einen sogenannten Ausbildungsbegleiter zur Seite zu stellen. Dieser ist ansprechbar für alle Fragen, die den jungen Mann oder die junge Frau betreffen. Hierzu zählen auch Hilfestellungen bei Schwierigkeiten in der Berufsschule oder auch bei Problemen zu Hause. Gemeinsam werden tragfähige Lösungen erarbeitet. Denn eine abgeschlossene Ausbildung ist der wirksamste Schutz gegen Arbeitslosigkeit.“

„Ende 2016 hatten wir uns entschieden, acht Flüchtlingen im Rahmen einer Flüchtlingsintegrationsmaßnahme der Bundesagentur für Arbeit eine Tätigkeit bei mags in der Grünunterhaltung anzubieten. Diese acht Männer sind für sechs Monate bei uns. Fünf von ihnen würden gerne dauerhaft als Hilfsgärtner arbeiten. Die Vorarbeiter/ Meister sind von dem Einsatz sehr angetan und helfen den Flüchtlingen gelegentlich auch in anderen Angelegenheiten des täglichen Lebens. Es entsteht so auch ein soziales Miteinander. Wir prüfen jetzt, ob mit Unterstützung der Bundesagentur eine Beschäftigung möglich ist. Darüber hinaus werden wir 2017 wieder anfangen auszubilden, insbesondere im klassischen gewerblichen Bereich. Eine gute Ausbildung ist ein Grundpfeiler für ein Unternehmen. Deshalb werben wir auch bei jungen Menschen für die Tätigkeiten bei uns, indem wir bezahlte Ferienjobs für Schüler anbieten. mags nimmt sich des Themas Arbeitsmarktförderung als öffentliches Unternehmen an“, so Hans-Jürgen Schnaß.

Für den Vorsitzenden der SPD-Fraktion Felix Heinrichs ist nach dem Gespräch klar: „Wer im Berufsleben nicht durchgehend ordentlich verdient, ist im Alter von Armut bedroht. Mönchengladbach steht bei der SGB-II-Quote auf einer Stufe mit Ruhrgebietsstädten. Wir müssen uns an positiven Beispielen orientieren, wie sie von Dr. Claus Schwenzer dargestellt wurden. Wir müssen allen, die wollen, auch eine Chance geben und schneller und unkomplizierter werden. Wir müssen für Erfolgserlebnisse sorgen und für Engagement unter den Unternehmen werben. Wenn wir etwas aus der Flüchtlingskrise gelernt haben, dann, dass alle Akteure schnell und unbürokratisch zusammenwirken müssen. Wir brauchen Kümmerer, die Unternehmen beraten und Jugendliche, Langzeitarbeitslose und Flüchtlinge intensiv begleiten.“

Ralf Horst, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion ergänzt: „Unsere Forderung ist es schon seit langem, mehr Menschen einen Arbeitsplatz anzubieten. Der soziale Arbeitsmarkt bietet hier gerade denjenigen eine Chance, die nicht voll belastbar sind. Durch den Einsatz von Transferleistungen als Mittel der Arbeitsmarktförderung könnten wir Menschen in Beschäftigung bringen und damit aus dem Teufelskreis Langzeitarbeitslosigkeit holen. Neuansiedlungen wie Zalando bringen uns weiter, sind aber nur ein Element. Zwei Drittel der Beschäftigten waren vorher Kunden des Jobcenters und ebenfalls zwei Drittel wohnen in Mönchengladbach. Wir müssen die Lücke zwischen dem ersten Arbeitsmarkt und der Arbeitslosigkeit füllen. Wir werden dazu weitere Gespräche führen und konkrete Maßnahmen entwickeln.“

„Der Arbeitsmarkt gehört mit zu den großen Integrationschancen für Langzeitarbeitslose, Flüchtlinge, Jugendliche ohne Schulabschluss und Menschen mit Behinderungen. Es geht um gesellschaftliche Teilhabe und Selbstverantwortung. Daher legen wir als SPD einen besonderen Focus auf die Arbeitsmarktpolitik. In Mönchengladbach ist bei dem Thema noch Luft nach oben. Darüber hinaus müssen wir die Arbeit an Schulen intensivieren, um die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss deutlich zu reduzieren. Dabei spielt die Schulsozialarbeit eine wichtige Rolle, und der Bund muss sich endlich zu einer dauerhaften Finanzierung durchringen“, so Heinrichs abschließend.