Gründerinnen im Gespräch: „Man muss es nur selbst besser machen.“

Felix Heinrichs, Oberbürgermeisterkandidat der SPD Mönchengladbach, im Gespräch sich mit den beiden Start-up Unternehmerinnen Judith Grünewald und Gizem Bulut vom Unverpackt-Laden FIL MEA.

Warum habt ihr Mönchengladbach als Standort gewählt?

Wir sind beide in Mönchengladbach geboren und zur Schule gegangen. Zur Zeit der Gründung haben wir allerdings in Köln gewohnt, aber die Domstadt hat uns nicht mit offenen Armen empfangen. Dort war unsere Initiative eine von vielen. In Gladbach hingegen sind uns direkt viele Hilfen angeboten worden. Viele denken, Gladbach kann nichts. Aber das stimmt nicht. Man muss es nur selbst besser machen. Die Stadt ist irgendwie schnuckelig.

„Die Welt ein klein bisschen positiv beeinflussen und damit meine Miete bezahlen? Für mich eine win-win-Situation.“

Judith Grünewald, FIL MEA
Junge Gründerin aus Mönchengladbach, die Ende 2019 mit ihrer Partnerin einen Unverpackt-Laden in Mönchengladbach eröffnet hat. Sie sagt: 

Ist Mönchengladbach eine Stadt der Gründer*innen?

Wir sind immer noch eine Ausnahme. Es gibt mittlerweile die eine oder andere Gründung in Mönchengladbach. Ein Netzwerk wird aufgebaut, und Anreize sind da. Es fehlt aber häufig der Boden für zündende Ideen. An vielen Stellen ist die Stadt immer noch etwas dörflich und kleinschrittig. Es fehlt etwas. Und damit meinen wir keine Infrastruktur. Häufig gibt es zu viel Skepsis. Man wird gefragt: „Ist eure Idee wirklich die richtige für Mönchengladbacher?“ Es fehlt der Gründergeist in der Stadt.

Auf welche Hürden seid ihr in Mönchengladbach bei der Gründung gestoßen? Was kann verbessert werden?

Wir hatten echt viel Glück. Es gab tolle Menschen, die geholfen haben. Unser Vermieter zum Beispiel. Wir haben ein Gründerstipendium erhalten, und die WFMG hat geholfen. Unser größtes Problem ist die Bekanntheit. Das Marketing wird oft unterschätzt. Da haben wir echt Hilfe gebraucht und brauchen sie auch heute noch. Nur mit ein bisschen Facebook und Instagram baut man keine Kundschaft auf. Wir wollen Teil der städtischen Identität werden. Technologie und Digitalisierung sind nicht alles. Einzelhandel hat eine Zukunft. Als Gladbacherinnen sagen wir: Es gab schon so viele Pflänzchen, die aber teilweise wieder eingegangen sind. Die Stadt könnte vor Ideen explodieren, wenn endlich Teile der Stadtverwaltung und Politik ihre abwartende Haltung ablegten.

„40+ Stunden im Büro sitzen und auf das Ende der Welt warten? Für mich keine Option. Ich will handeln.“

Gizem Bulut, FIL MEA
Geschäftspartnerin von Judith Grünewald.

Wie können Jungunternehmen in der Stadt zum Job-Motor werden?

Kleine Gründungen haben es schwer. Einzelhandel kann Menschen wieder eingliedern. Die Lohnkosten sind aber ein hohes Risiko. Es gibt aber auch andere Benefits: Wir schaffen neue Angebote, bieten einen Treffpunkt, beleben die Stadt und fördern vor allen Dingen die Nachhaltigkeit.

Wie habt ihr die letzten Wochen in der Corona-Krise erlebt?

Solidarität. Die Krise hat sich sehr dynamisch entwickelt. Die Soforthilfe hat zum Glück unkompliziert funktioniert und war für uns echt wichtig. Es gab zwar einige Rückschläge. Da wir noch recht frisch unterwegs sind, mussten wir uns privat zurücknehmen und erst einmal schauen, dass der Laden weiterläuft.

Das Finanzkorsett von Jungunternehmen ist oft eng. Welche Hilfen muss es für sie in der Krise geben?

Gerade am Anfang sollten Marketingkosten übernommen oder gefördert werden. Wir wünschen uns echte Kooperationen zwischen Gründer*innen und etablierten Unternehmen. Wir müssen ja erst einmal bekannt werden und ins Bewusstsein der Menschen kommen. Da können große Player helfen.

Wie beschreibt ihr Mönchengladbach in einem Satz?

Judith: „Für mich ist Mönchengladbach die Stadt mit vielen ungenutzten Möglichkeiten und viel Platz zum Wachsen.“

Gizem: „Mönchengladbach ist nur formell eine Großstadt, es fehlt noch das gewisse etwas.“

Was Felix Heinrichs und die SPD für Gründer*innen vorhaben:

  • Schaffung eines Gründungscampus im ehemaligen Polizeipräsidium inkl. Infrastruktur
  • Bessere Gründer*innen-Beratung in der Stadt gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung
  • Unterstützung beim Marketing
  • Stärkung des Netzwerks und Kooperation mit etablierten Unternehmen
  • Aktive Einbindung in die Gestaltung und Entwicklung unserer Stadt

Dieser Artikel erschien in unserer Zeitung „Kranich“ – Ausgabe Juni/Juli 2020.

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